Darf man auf dem Arbeitsweg Kaffee holen?

Die gesetzliche Unfallversicherung deckt die direkte Strecke zwischen dem Arbeitsort und dem Zuhause ab. Manche Umwege sind gestattet, andere gefährden den Versicherungsschutz.

Ebenso wie Schulkinder auf dem Schulweg genießen auch Arbeitnehmer auf dem Weg zur und von der Arbeitsstelle gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Kommt es infolge eines Wegeunfalls zu einem gesundheitlichen Schaden, übernimmt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) die Kosten für Behandlung und Rehabilitation. Auch Übergangsgelder und Renten werden gegebenenfalls von der DGUV gezahlt.

Abrechnungsbefugt mit der DGUV sind ausschließlich Ärzte, die für das sogenannte H-Arzt-Verfahren zugelassen sind. Dazu gehört beispielsweise auch der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung, der in Berlin-Kreuzberg niedergelassen ist. Aus Erfahrung weiß er: „Nicht allen Patienten ist klar, dass für die Regulierung durch die DGUV strenge Regeln hinsichtlich der Anerkennung als Wegeunfall gelten. Ein kleiner Umweg, etwa um Kaffee oder etwas zu essen zu holen, kann den Versicherungsschutz bereits gefährden. Wer vom direkten Weg zum und vom Arbeitsplatz abweicht, braucht dafür einen guten Grund, wenn er nach einem Unfall von der DGUV Leistungen beziehen will.“

Dauerthema an Gerichten

Die auf den ersten Blick einfache Frage „Was ist ein Arbeitsweg?“ hat ihre Tücken. Immer wieder muss vor Gerichten geklärt werden, ob ein Verunfallter einen Wegeunfall reklamieren kann oder nicht. Umwege sind zu manchen Anlässen gestattet, etwa wenn Kinder auf dem Weg zur oder von der Arbeitsstelle am Kindergarten oder einer vergleichbaren Betreuungsinstitution abgesetzt bzw. abgeholt werden; und wenn eine Fahrgemeinschaft besteht, die eine andere als die direkte Route zwischen Arbeitsort und Zuhause erfordert. Auch wenn die direkte Strecke gesperrt und eine Umleitung ausgeschildert ist, zählt diese zum Arbeitsweg.

Nicht versichert ist der Gang durchs heimische Treppenhaus, auch in Mehrfamilienhäusern. Wer dort stürzt und sich verletzt, kann keine Ansprüche an die DGUV richten. Versicherungstechnisch beginnt der Arbeitsweg mit dem Verlassen der äußeren Haustür und endet mit Betreten des Firmengeländes. Geschehen auf diesem Unfälle, gelten sie als Arbeits- und nicht mehr als Wegeunfälle.

Nicht auf den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz verlassen kann man sich, wenn man unterwegs anhält, um einen Brief in den Postkasten zu werfen. Auch der Umweg über eine Arztpraxis ist nicht prinzipiell mit versichert – nur dann, wenn man sich in der Praxis mehr als zwei Stunden aufhält. Ebenfalls außen vor sind Umwege zu einer günstigeren Tankstelle, wenn eine andere direkt am Arbeitsweg liegt, und solche zum Besorgen einer Mahlzeit oder eines Kaffees. Diese Verrichtungen gelten als privat. Versichert sind allerdings die Wege vom Arbeitsort zu einem Restaurant oder einer Kantine, wo man das Mittagessen einnimmt.