Ist ein neues Hüftgelenk im hohen Alter noch sinnvoll?

Ein operativer Eingriff birgt prinzipiell Risiken, in späteren Lebensjahren besonders. Dennoch ist ein neues Hüftgelenk auch für viele 80-Jährige noch eine lohnenswerte Investition in mehr Lebensqualität.

Dass jede Operation gewisse Risiken mit sich bringt, ist allgemein bekannt. Mit den Jahren steigt das Operationsrisiko, denn im Alter funktioniert der Stoffwechsel nicht mehr wie in jüngeren, zudem kommen häufig Muskelschwund oder Blutarmut hinzu. Außerdem liegen oftmals weitere Erkrankungen vor, die nicht selten mit starken Medikamenten in Schach gehalten werden. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass beispielsweise das Herzinfarktrisiko über 80-Jähriger bei einer Hüft- oder Kniegelenksoperation dreimal so hoch liegt wie das von Menschen im mittleren Alter. Die Gefahr, sich eine Lungenentzündung zuzuziehen, ist sogar um das Dreieinhalbfache erhöht.

Dessen ungeachtet steigt die Zahl der 80-Jährigen, die sich eine neues Hüftgelenk einsetzen lassen. Der Grund liegt vor allem darin, dass die Chirurgen heutzutage über eine ganze Reihe risikominimierender Maßnahmen verfügen.

Was aus Sicht der Patienten für eine Gelenkersatz-OP spricht, liegt auf der Hand: Die Senioren wollen sich wieder schmerzfrei bewegen, ohne Hilfe Treppen steigen und ohne Stützkorsett gegen Rückenschmerzen durch den Tag kommen. „Eine sorgfältig geplante und ausgeführte Operation  zum Gelenkersatz verschafft den Patienten ein deutliches Plus an Mobilität und Lebensqualität“, bringt es der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung aus Berlin-Kreuzberg auf den Punkt.

Blood Management und Vorab-Phyiotherapie
Um das Risiko einer Lungenentzündung und die Sterblichkeit insgesamt zu senken, hat sich die Methode des „Blood Managements“ etabliert. Dabei wird über den Hämoglobin-Wert ermittelt, ob eine Blutarmut vorliegt. Ist dies der Fall, wird das Blutvolumen zunächst mit Eisentabletten erhöht. Studien haben belegt, dass damit weniger Transfusionen nötig werden und das Operationsrisiko signifikant sinkt. Zudem wird heutzutage das Polypharmazie-Risiko systematisch heruntergefahren, also das Risiko, dass eingenommene Medikamente zu Komplikationen führen. Dazu werden alle nicht unbedingt nötigen Arzneien temporär abgesetzt – in Absprache mit den anderen behandelnden Ärzten natürlich.

Um nach dem Eingriff schneller wieder auf die Beine zu kommen, lohnt es sich für die Patienten überdies, schon vor der OP eine physiotherapeutische Schulung zu durchlaufen. So werden Bewegungsabläufe trainiert, die das Gehen nach dem Eingriff vereinfachen.

Mit diesen und weiteren Maßnahmen werden die mit dem Einsatz eines neuen Hüftgelenks verbundenen Strapazen und Risiken wirksam reduziert. Prinzipiell spricht daher nichts dagegen, sich auch mit 80 Jahren noch ein künstliches Hüftgelenk einsetzen zu lassen. Entscheidend ist aber am Ende der individuelle Gesundheitszustand des einzelnen Patienten.