Wie wichtig sind (teure) ergonomische Schulranzen?

Zur anstehenden Einschulung stellen sich viele Eltern die Frage, ob es ein Markenranzen sein soll oder ob doch ein No-Name-Produkt reicht. Die Studienlage sagt dazu: nichts.

Wer sich auf die Suche nach einem geeigneten Schulranzen für ein sechsjähriges Kind begibt, wird schnell mit Warnungen konfrontiert. Insbesondere Markenhersteller suggerieren in ihren Verlautbarungen, dass ein ergonomisch nicht perfekt gestalteter Ranzen den kindlichen Bewegungsapparat schädige. Und die erforderliche Rückenfreundlichkeit böten nur hochpreisige Markenprodukte. Eine Meinung, der man auch in Elternforen begegnet. Ist es also fahrlässig, ein günstiges No-Name-Produkt zu wählen?

Aus wissenschaftlicher Sicht spricht wenig für diese Annahme. Studien zu den orthopädischen Auswirkungen verschiedener Ranzenmodelle gibt es nicht. Eine klare Haltung vertritt aber Prof. Dr. Robert Rödl, der an der Uniklinik Münster als Chefarzt der Kinderorthopädie tätig ist. „Ranzen sind vor allem Modeaccessoire und Statussymbol“, sagte er dem Magazin „Spiegel“ und fuhr ebenso pointiert fort: „Bei der durchschnittlichen Schulweglänge und -dauer wäre es auch kein Problem, dem Kind einen Jutebeutel über die Schulter zu hängen.“

Test: Kann das Kind sein Gepäck allein schultern?
Der Experte empfiehlt zur Kontrolle der Zumutbarkeit zwei Aspekte zu prüfen: Muss sich das Kind um mehr als 15 Grad nach vorn neigen, wenn es die Balance nicht verlieren will? Und vor allem: Kann es sein Gepäck allein schultern? Wenn die Antworten Nein und Ja lauten, sei wenig zu befürchten. Ungleich bedenklicher seien ohnehin Schulmöbel, die der Größe der Kinder nicht angepasst sind. Stunde um Stunde auf einem zu niedrigen Stuhl an einem zu niedrigen Tisch zuzubringen berge echte orthopädische Risiken.

Nicht zuletzt hängt die Rückengesundheit der Kinder auch wesentlich mehr vom Training der Muskulatur ab als vom Behältnis, in dem die Schulmaterialien transportiert werden. „Die Kinder in Deutschland treiben immer weniger Sport und sitzen dafür häufiger vor einem Bildschirm. Das ist für den Bewegungsapparat eine besorgniserregende Entwicklung“, konstatiert der in Berlin-Kreuzberg ansässige Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung. „Wenn der kindliche Bewegungsdrang gefördert wird und jeden Tag stundenlang ausgelebt werden kann, hält der Rücken auch Belastungen besser stand.“

Fazit: Wer der orthopädischen Gesundheit der eigenen Kinder etwas Gutes tun will, muss kein kleines Vermögen für ein Rückentransportbehältnis ausgeben. Viel wichtiger ist es, für ausgiebige Bewegung zu sorgen.