Neuer Therapieansatz für Kniearthrose

Niederländische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem das Kniegelenk so gespreizt werden kann, dass das Knorpelgewebe sich – potenziell – regeneriert.

Bei einer Arthrose kommt es durch einen Rückgang des Knorpelgewebes zu einem direkten Kontakt der Knochen, mit der Folge von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. „Vor allem die Kniegelenke sind bei vielen Menschen in höheren Lebensjahren von Arthrose betroffen“, erläutert der in Berlin-Kreuzberg praktizierende Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung. Zu einer Kniearthrose könne es aber unabhängig vom Alter auch nach einem Unfall oder bei extremer Belastung, zum Beispiel durch Profisport, kommen.

Lange Zeit ging man davon aus, dass einmal verlorenes Knorpelgewebe nicht wieder nachwachsen könne. Doch mittlerweile sind auch schon seit Jahrzehnten Gegenbeispiele bekannt – der Knorpel, der nur zu etwa 5 Prozent aus Knorpelzellen besteht, zu 25 Prozent aus Proteinen und zu 70 Prozent aus Wasser – verfügt offenbar durchaus über Selbstheilungskräfte. Diese machen sich Forscher am University Medical Center im niederländischen Utrecht mit einem neuen Therapieansatz für Kniearthrose zunutze.

„Prozess des Gewebezerfalls umkehren“
Die Wissenschaftler spreizen das Kniegelenk dazu mit einem Fixationsrahmen auf, der im Schienbein und im Oberschenkelknochen verschraubt wird. Nach und nach wird der Gelenkspalt auf rund fünf Millimeter vergrößert, ein Verfahren, das als Kniegelenkdistraktion bekannt ist. Testweise statteten die Utrechter 20 Patienten mit schwerer Kniearthrose für zwei Monate mit solchen Fixationsrahmen aus. Zuvor und anschließend zehn Jahre lang in bestimmten Abständen wurden die Gelenke per MRT bildlich erfasst. Wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Reviews Rheumatology“ schreiben, war die Knorpelschicht auch am Ende dieses Zeitraums noch dicker als vor der Distraktion, die vor allem in den ersten beiden Jahren das Knorpelwachstum stark angeregt hatte. Für die Forscher ein Beleg dafür, dass man „den Prozess des Gewebezerfalls bei Arthrose umkehren kann“.

Um diese „Reparaturaktivität“ des Knorpels und ihre systematische Anwendbarkeit eingehender zu prüfen, soll bald in mehreren niederländischen Kliniken eine Studie mit 1.200 Kniearthrose-Betroffenen beginnen. Im günstigen Fall können in Zukunft zahlreiche Gelenkersatzoperationen entfallen.