Sind Kinder in Deutschland gut genug beim Sport geschützt?
Circa eine Million Sportunfall-Verletzungen von Kindern innerhalb eines Jahres – dieses aktuelle Umfrageergebnis schockiert Experten. Laut den Eltern wären 85 Prozent zu verhindern gewesen.
„Wir hatten nicht mit einer so hohen Zahl gerechnet und waren erschüttert“, kommentiert David Schulz, Sportwissenschaftler und Vorstand der Stiftung Sicherheit im Sport, das Resultat einer von seinem Haus in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage unter deutschen Eltern. Etwa eine Million Kinder verletzten sich demnach zwischen April 2021 und März 2022 bei sportlichen Betätigungen. Rund 50.000 von ihnen, also 5 Prozent, trugen dauerhafte Schädigungen davon.
Noch alarmierender werden diese Zahlen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass im betreffenden Zeitraum noch weitgehende Corona-Beschränkungen in Kraft waren. Ohne sie wären vermutlich mehr Kinder auf Spiel- und Sportplätzen und in Turnhallen aktiv – und die Unfallzahl noch höher – gewesen.
Spielplätze und der Schulsport haben mit 32 und 30 Prozent die meisten Sportunfälle von Kindern zu verzeichnen, danach folgt der Vereinssport mit 17 Prozent. Nach Einschätzung der Eltern hätte man 85 Prozent der Unfälle verhindern können, mit weniger riskanten Unternehmungen, besser gesicherten Sportanlagen, Schutzausrüstung oder mehr und qualifizierteren Aufsichtspersonen.
„Hallo-wach-Erlebnis“
Stiftungsvorstand Schulz mahnt, die eruierten Zahlen müssten „für uns ein Hallo-wach-Erlebnis sein“. Die Politik brauche ein schärferes Problembewusstsein und müsse daraus unfallpräventive Maßnahmen ableiten, etwa entsprechende Ausbildungsänderungen oder Sicherheitsvorkehrungen in Sportstätten.
Aber auch die Eltern sind gefragt. So haben parallele Umfragen in Österreich und der Schweiz verhältnismäßig deutlich geringere Unfallzahlen erbracht. Wesentliche Ursachen liegen darin, dass die Kinder in unseren südlichen Nachbarländern häufiger Helm tragen und Schwimmhilfen benutzen und mehr Trampoline mit Sicherheitsnetz ausgestattet sind.
„Gerade das Helmtragen schützt vor so manch gravierender Verletzung, daher sollten Kinder auch beim Rollerfahren nicht darauf verzichten. Beim Radfahren sollte es ohnehin Standard sein“, betont der in Berlin-Kreuzberg praktizierende Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung. Vor allem aber sollten Eltern die kindliche Neigung im Auge behalten, die eigenen Kräfte und Möglichkeiten zu überschätzen, und gegebenenfalls mäßigend einwirken.