Sportler sollten sich nach Verletzungen in Geduld üben
Viele Spitzen-, aber auch Hobbysportler tendieren dazu, nach einer Verletzung zu früh wieder mit dem Training zu beginnen. Dadurch steigt jedoch die Rückfallrate.
Wer eine Kreuzbandoperation hinter sich hat, weist zum Teil noch Jahre danach gestörte Muskelaktivitäten in Knöchel, Knie und Hüfte auf. Die allgemeine Empfehlung lautet, nach einem Kreuzbandriss mindestens ein halbes Jahr lang sportliche Belastung zu vermeiden, besser noch ein paar Monate länger. Für leidenschaftliche Sportler, ob professionell oder in der Freizeit aktiv, ist das eine schmerzlich lange Zeitspanne – zu lang für die meisten. Sobald die Bänder wieder ohne Probleme funktionieren, wird die Enthaltsamkeit aufgegeben und das Training wiederaufgenommen.
Ausheilung vor erneuter Belastung
Das ist menschlich verständlich, schließlich ist Sport nicht nur als Zeitvertreib (oder gegebenenfalls als Gelderwerb) wichtig, sondern für das gesamte körperliche und seelische Wohlbefinden. „Es ist wichtig, dass zunächst eine gründliche Ausheilung sichergestellt ist, bevor Gelenke und Weichteile erneut nennenswert belastet werden“, erklärt Dr. Michael Jung, Facharzt für Orthopädie in der Berliner Friedrichstraße. Andernfalls drohen empfindliche Rückschläge: nach der Kreuzband-OP beispielsweise ein erneuter Riss oder auch eine Schädigung des Meniskus – und damit eine erneute, diesmal längere Heilungszeit. Für Leistungssportler kann daraus das Karriereende resultieren, Hobbysportler müssen sich nach einer Verletzungskette oftmals umorientieren und eine andere Sportart wählen.
Damit es nicht so weit kommt, sollte der Heilungsfortschritt nicht allein an der Zeit festgemacht werden, die nach der Verletzung vergangen ist. Vielmehr sollte die Belastbarkeit der betroffenen Gelenke ärztlich untersucht und testiert werden. Es gibt kein „Schema F“ für Heilungsprozesse im menschlichen Körper, das jeweils erreichte Stadium lässt sich damit nur individuell diagnostizieren. Und zwar idealerweise mit Blick auf die Sportart, die ausgeübt werden soll – schließlich werden die Knie beim Fußball oder Skifahren beispielsweise ganz anders belastet als beim Radfahren oder Schwimmen. Eventuell führen auch suboptimale Bewegungsabläufe zu einem erhöhten Verletzungsrisiko; auch diese Frage kann ein erfahrener Orthopäde klären.
Auch wenn es schwerfällt: Wer seine bevorzugte Sportart noch viele Jahre ausüben will, sollte damit nach einer Verletzung lieber zu lange als zu kurz pausieren.