Besorgniserregend: Es wird immer mehr gesessen
Ein „Post-Pandemie-Aufbruch“ in Richtung mehr Bewegung ist nicht erkennbar: Die Deutschen verbringen so viel Zeit im Sitzen wie nie zuvor.
„Wir sitzen uns zu Tode“ und „Sitzen ist das neue Rauchen“ lauten zwei Slogans, die in den letzten Jahren an Bekanntheit gewonnen haben. Und das aus gutem oder zumindest aktuellem Grund: Erhebungen belegen regelmäßig, dass die Bundesbürger mehr sitzen, als gesundheitlich empfehlenswert wäre.
Einen neuen Spitzenwert haben kürzlich die Deutsche Sporthochschule Köln und der Krankenversicherer DKV ermittelt: 9,2 Stunden sitzen die Menschen hierzulande tagtäglich im Schnitt. Erhoben wurde der Wert in Telefoninterviews mit rund 2.800 Erwachsenen im Rahmen der Untersuchung „Wie gesund lebt Deutschland?“.
9,2 Stunden – das ist noch einmal eine halbe Stunde mehr als in Pandemie-Hochzeiten 2021, die wegen der Ausgangsbeschränkungen als bewegungshinderlich galten. Offenbar haben die Deutschen den Schalter danach noch nicht wieder umgelegt. Oder es handelt sich um einen fundamentalen Trend, der durch die Lockdowns nur zeitweise beschleunigt wurde.
Auswirkungen auf Bewegungsapparat und Herz-Kreislauf-System
Dass die Entwicklung jedenfalls nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte, betonen zum einen die Studienautoren um den Sportwissenschaftler Ingo Froböse. Sie verweisen darauf, dass das lange Sitzen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes wahrscheinlicher macht.
Zum anderen sind auch Mediziner besorgt, die sich dem Bewegungsapparat widmen. So warnt der in Berlin-Kreuzberg praktizierende Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung: „Wer lange sitzt, hat ein erhöhtes und wachsendes Risiko für Rückenschmerzen und andere orthopädische Probleme, denn die Muskeln verlieren durch die lange Passivität an Leistungskraft, Fehlhaltungen werden wahrscheinlicher.“
Wer nicht umhinkommt, viele Stunden am Tag zu sitzen, sollte für möglichst häufige Bewegungspausen sorgen, die nicht unbedingt schweißtreibend ausfallen müssen. Sie kompensieren die Negativeffekte des Sitzens besser als beispielsweise drei Sportblöcke pro Woche, in denen man sich auspowert. Auch das sogenannte dynamische Sitzen – in wechselnden Haltungen und Positionen – kann für willkommenes Mikrotraining sorgen.