Gibt es bald Prothesen aus Holz?

Schweizer Forscher haben ein Prothesenmaterial entwickelt, das sehr stabil sowie 3D-Druck-tauglich ist und sich mit gerichteten Festigkeiten versehen lässt. Das Grundmaterial ist Cellulose.

Wissenschaftler der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) im schweizerischen Dübendorf in der Schweiz sind im Begriff, dem altbewährten Baustoff Holz in einem eher unerwarteten Bereich ein Comeback zu bescheren: als Prothesen und Implantate. Kommt nun also das künstliche Knie aus Holz?

Nicht ganz. Doch das Material, das die Schweizer ersonnen haben, besteht im Wesentlichen aus Cellulose, ebenso wie Holz. Cellulose ist das weltweit häufigste Polymer, das in seiner faserigen Struktur einige interessante Eigenschaften aufweist. Die Forscher um Gilberto Siqueira von der Abteilung für Angewandte Holzforschung an der Empa haben das Material mit Nanokristallen versehen und auf Polymer-, nicht wie üblich auf Wasserbasis zu einer Tinte verrührt. Diese kann von einem 3D-Drucker in die gewünschte Form gebracht werden.

Enorme mechanische Festigkeit und Flexibilität

Beim Aushärten und einer anschließenden UV-Bestrahlung bildet die Tinte Mikro-Quervernetzungen, die dem Material eine enorme mechanische Festigkeit verleihen. Zudem stellten die Wissenschaftler fest, dass sich die Festigkeit beim Druckvorgang gleichsam in eine gewünschte Richtung „lenken“ lässt.

Damit bieten sich, nach einer weiteren Optimierung, verschiedenste Einsatzgebiete für die Cellulose-Nanokristall-Tinte an. Neben der Verpackungs- und Automobilindustrie hat Forschungsleiter Siqueira vor allem die Biomedizin im Fokus. Denn neben den mechanischen Eigenschaften hat die Neuentwicklung auch den Vorteil, umweltfreundlich und biokompatibel zu sein.

„Die Innovation aus der Schweiz zeigt einmal mehr die Dynamik in der Biomaterialforschung“, kommentiert der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung, der in Berlin-Kreuzberg praktiziert. „Bis zur perfekten Prothese scheint es nicht mehr weit zu sein – ob sie aus ‚Holz‘ besteht, wird sich erweisen.“