Haltungsschäden bereits im Grundschulalter bekämpfen

Immer mehr Kinder und Jugendliche weisen Haltungsfehler auf, die langfristig zu irreversiblen Schädigungen führen können. Entscheidend ist frühes Gegensteuern.

Dass früher alles besser gewesen sei, ist eine ebenso verbreitete wie falsche Wahrnehmung. Eines jedoch hat sich erwiesenermaßen in den letzten Jahren zum Schlechteren entwickelt: die Körperhaltung der Kinder und Jugendlichen. Verwunderlich ist das kaum, denn es locken heutzutage einfach viel mehr Reize, denen man im Sitzen – oder um es im Jargon zu sagen: in gechillter Position – nachgeht. Im Wesentlichen stammen sie aus Geräten, die mit Bildschirm versehen sind und die körperliche Aktivität auf die Hände und allenfalls Arme reduzieren, also Spielkonsolen, Smartphones, Tablets & Co.

Im Freien herumzutoben und mit dem ganzen Körper die Welt zu erfahren tritt dagegen mehr und mehr in den Hintergrund. Die zwangsläufige Folge ist ein bedenklicher Bewegungsmangel, der häufig auch zu Übergewicht führt. Und damit sind auch Haltungsfehler nicht weit.

Das Problem: Wenn diese Haltungsfehler über Jahre bestehen, werden sie irgendwann irreversibel. Es kommt zu Verschleißerscheinungen, beispielsweise an den Bandscheiben. Die in frühen Jahren eingeschliffene Körperhaltung führt zu Schädigungen, die den Betroffenen zeit seines Lebens begleiten und belasten.

Aus diesem Grund sollten Eltern die orthopädische Vorsorge keinesfalls vernachlässigen – selbst wenn ihre Sprösslinge regelmäßig Sport treiben und auch sonst körperlich sehr aktiv sind. Denn fehlende Bewegung begünstigt zwar Haltungsschäden, ist aber nicht der einzige mögliche Auslöser. Auch Fußfehlstellungen, die nicht erkannt und behandelt werden, können sich über die Jahre und Jahrzehnte gravierend auf den gesamten Skelettapparat auswirken.

Berufsverband mit Aktion „Zeigt her eure Füße“
Daher empfehlen Orthopäden, bereits im Grundschulalter Vorsorge zu betreiben. Dann stehen die Chancen nämlich im Allgemeinen gut, Fehlentwicklungen noch korrigieren zu können. „Ab dem Teenager-Alter dagegen kann oftmals nur noch Schadensbegrenzung betrieben werden“, sagt Dr. Michael Jung, Facharzt für Orthopädie in der Berliner Friedrichstraße.

Um die Elternschaft über die Bedeutung der Früherkennung aufzuklären, geht der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie seit 2010 mit der Aktion „Orthofit“ („Zeigt her eure Füße“) in die Grundschulen. Die Resonanz fällt überaus positiv aus – viele Eltern werden durch die Aktion überhaupt erst gewahr, dass auch die Fuß- und Skelettgesundheit der Kinder ein wachsames Auge verdient. Der Bewusstseinswandel hat jedoch erst begonnen; es wird noch Zeit brauchen, bis orthopädische Vorsorge ebenso selbstverständlich ist wie zahnärztliche Kontrolluntersuchungen.