Handy beim Autofahren? So (erschreckend) lang ist der Blindflug!

Handynutzung am Steuer führt immer wieder zu teils schweren Unfällen. Autofahrer sollten sich verdeutlichen, wie viele Meter man bei einem kurzen Nachrichten-Check quasi blind unterwegs ist.

100 Meter im Blindflug? Das dürfte den allermeisten Autofahrern dann doch höchst unverantwortlich erscheinen. Aber mal kurz, für drei Sekunden, eine frisch eingetroffene Nachricht auf dem Handy lesen? Kann man mal machen. Es ist vermutlich dem Gros der Autofahrer, die bei der Fahrt hin und wieder zum Handy greifen, nicht bewusst, wie lang der Blindflug in drei Sekunden bereits wird. 100 Meter sind es bei Tempo 120 km/h, in der Stadt bei Tempo 50 immerhin noch 42 Meter Strecke, auf der man das Verkehrsgeschehen nicht wahrnimmt.

„Die Augen sollten beim Autofahren durchgängig auf die Straße gerichtet werden, es gibt keine ‚ungefährliche‘ kurze Handynutzung am Steuer“, mahnt der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung aus Berlin-Kreuzberg. „Das gilt natürlich ebenso fürs Rad-, E-Scooter- oder Motorrollerfahren. Selbst Fußgänger tun gut daran, kurz an geeigneter Stelle anzuhalten, wenn sie etwas auf dem Handy lesen oder schreiben wollen. Schon eine kurze Unachtsamkeit kann böse Verletzungsfolgen haben, im Extremfall sogar tödlich enden.“

18- bis 24-Jährige haben größtes Unfallrisiko
Erfreulicherweise sind die Zahlen der Unfallopfer im Straßenverkehr langfristig rückläufig, auch bei der besonders unfallträchtigen Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen. Von ihnen verunglückten 1991 deutschlandweit noch fast 135.000 auf den Straßen, 2018 waren es mit knapp 61.000 weniger als halb so viele. Doch noch immer kommen Jahr für Jahr Hunderte junge Menschen im Straßenverkehr ums Leben, 2018 waren es 369. Das entspricht 11,3 Prozent aller Verkehrstoten, obwohl die Altersgruppe nur 7,6 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. Noch stärker überrepräsentiert sind die jungen Verkehrsteilnehmer bei den Unfallverletzten, bei denen sie einen Anteil von 15,3 Prozent haben.

Neben der verbreiteten Handynutzung am Steuer werden dafür von Verkehrsexperten auch eine erhöhte Risikobereitschaft, häufiges Fahren unter Rauschmitteleinfluss und überhöhte Geschwindigkeit aufgrund mangelnder Fahrerfahrung verantwortlich gemacht. Dr. Christopher Spering, Leiter der Sektion Prävention bei der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), betonte kürzlich anlässlich des Tags der Verkehrssicherheit: „Besonders jungen Menschen fehlt es anfangs an Routine beim Fahren. Es ist wichtig, dass sie sich jederzeit ihrer Verantwortung als Fahrzeugführer bewusst sind. Denn im Straßenverkehr gefährdet man bei einer gefährlichen Situation nicht nur sich selbst, sondern bringt auch andere Menschen in Gefahr.“