Stark fettleibige Kinder haben hohes „Hüftkopflösungs“-Risiko

Wenn schon im frühen Erwachsenenalter eine Hüftprothese eingesetzt werden muss, ist dafür häufig eine sogenannte Hüftkopflösung verantwortlich. Die wiederum hängt mit Adipositas im Vorschulalter zusammen.

Fachsprachlich ist von einer Epiphysenlösung des Femurkopfes oder, noch komplizierter, von Epiphyseolysis capitis femoris (ECF) die Rede, wenn der Hüftkopf sich krankheitsbedingt lockert und meist irgendwann abkippt. Landläufig hat sich die Bezeichnung „Hüftkopflösung“ durchgesetzt.

„Die Erkrankung tritt vor allem bei 9- bis 13-Jährigen auf, wobei Jungen dreimal so häufig betroffen sind wie Mädchen. Über die Ursachen wird noch geforscht. Eine genetische Prädisposition dürfte eine Rolle spielen, insbesondere ist aber das Körpergewicht ein zentraler Faktor“, erläutert der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung, der in Berlin-Kreuzberg praktiziert.

Ein Trauma, also eine Verletzung durch Einwirkung von außen, kann die ECF ebenfalls entscheidend verschärfen. Oft treten erst spät Symptome auf, meist Schmerzen in den Knien oder in den vorderen Oberschenkeln. Die Therapierbarkeit hängt jedoch stark vom Zeitpunkt der Diagnose bzw. vom Stadium der Erkrankung ab. So bleibt häufig nur noch, im frühen Erwachsenenalter eine Endoprothese einzusetzen, um die Funktionsfähigkeit und Schmerzfreiheit des Hüftgelenks wieder zu erreichen.

Sechsfach erhöhtes Risiko
Forscher des Institute of Translational Medicine an der Universität Liverpool haben nun den Einfluss von Fettleibigkeit (Adipositas) in frühen Jahren auf eine spätere ECF untersucht – und einen klaren Zusammenhang aufgedeckt. Sie verglichen dazu die Daten von Schuleingangsuntersuchungen, die im Alter von fünf oder sechs Jahren erfolgten, mit späteren Behandlungsdaten der regionalen Kliniken.

Wie sich herausstellte, war fast jeder zweite ECF-Patient bereits bei Grundschuleintritt übergewichtig, jeder dritte sogar adipös. Oder andersherum: Fettleibige Grundschulkinder hatten ein knapp sechsfach erhöhtes Risiko, später an ECF zu erkranken. Für schwer adipöse Kinder im Alter von elf oder zwölf Jahren liegt das statistische Erkrankungsrisiko sogar beim 17-Fachen des Gesamtdurchschnitts. Dementsprechend sind die meisten 14-Jährigen, bei denen ECF diagnostiziert wird, bereits seit vielen Jahren fettleibig.

Damit zeigt sich erneut, wie schädlich sich kindliche und jugendliche Adipositas auf den Stütz- und Bewegungsapparat auswirken kann. Hinzu kommen weitere gesundheitliche Risiken etwa für das Herz-Gefäß-System. Eltern sollten daher mit Entschiedenheit darauf hinwirken, Übergewicht bei ihren Kindern abzubauen – durch gesündere Ernährung und mehr Bewegung.