Unfallchirurgen appellieren: Besser aufs Böllern verzichten!

Ein generelles Böllerverbot wird es zwar an diesem Silvester nicht geben, doch angesichts der angespannten Lage in den Notaufnahmen wäre ein freiwilliger Verzicht ein Dienst am Gemeinwohl.

Die Diskussion hat einige Wochen lang die Gemüter erhitzt: Soll das Böllern in der Silvesternacht 2020 erlaubt werden – mitten in der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie? Wie so oft hat die große Politik die Entscheidung schließlich delegiert, nun werden die Kommunen und Länder punktuelle Böllerverbote aussprechen.

Dass es nicht zu einem generellen Verbot gekommen ist, sollte allerdings nicht über eine Tatsache hinwegtäuschen: „Je mehr geböllert wird, desto mehr Verletzungen gibt es, für deren Behandlung ohnehin schon arg strapazierte Ressourcen im Gesundheitswesen beansprucht werden“, bringt es der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung aus Berlin-Kreuzberg auf den Punkt.

In einer gemeinsamen Stellungnahme appellieren nun die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) an die Bürger, im Sinne des Gemeinwohls in diesem Jahr auf das Böllern zu verzichten.

Krankenhäuser entlasten
Die Notaufnahmen sind derzeit insbesondere durch Covid-19 bis zur Belastungsgrenze gefordert; darüber hinaus wird es – ob geböllert wird oder nicht – an Silvester zu zusätzlichen Einsätzen etwa wegen Alkoholvergiftungen kommen. In dieser Situation liege es im Ermessen der Bundesbürger, die Krankenhäuser präventiv zu entlasten, indem Feuerwerkskörper mit ihren Risiken gar nicht erst in die Hand genommen werden.

„In der Silvesternacht herrscht bei uns in der Unfallchirurgie gewöhnlich Hochbetrieb. Darauf sind wir jedes Jahr durch den hohen Personalaufwand gut vorbereitet. Dennoch ist jede mögliche Entlastung sehr wünschenswert – vor allem in Zeiten von Corona und der dadurch bedingt angespannten Personalsituation“, betont Prof. Dr. Michael J. Raschke, DGU-Präsident und DGOU-Vizepräsident. Ihm sekundiert der DGU- und DGOU-Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig: „Wir schätzen, dass jede geeignete Klinik im Durchschnitt bis zu 50–60 Silvester-Patienten vom frühen Abend bis zum späten Morgen behandelt. Wenn diese verhindert werden könnten, würde das die regelhaft grenzwertig beanspruchten Notaufnahmen merklich entlasten.“