Viele Schulter-Operationen offenbar verzichtbar

Für großen Wirbel sorgte kürzlich eine neue Studie, die die Wirksamkeit einer verbreiteten Operation am Schultergelenk untersucht hat. Es zeigte sich: In vielen Fällen bringt der Eingriff keinen Vorteil.

Ein operativer Eingriff geht grundsätzlich mit Strapazen und Risiken einher. Daher sollte seine Notwendigkeit immer sorgfältig abgewogen werden. „Konservative Methoden – beispielsweise Physiotherapie oder Injektionen – sollten prinzipiell zuerst ausgeschöpft werden, bevor das Skalpell gezückt wird“, betont der in Berlin-Kreuzberg praktizierende Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Michael Jung, „denn eine Operation bringt notwendigerweise gewisse Belastungen für den Patienten mit sich.“

Daran, dass alle Orthopäden diese patientenorientierte Zurückhaltung pflegen, legt eine kürzlich erschienene Studie Zweifel nahe. Forscher der Universität Oxford veröffentlichten im Fachblatt „The Lancet“ die Ergebnisse eines Vergleichs zwischen einer häufig durchgeführten Schulterblatt-Operation und einem Placebo-Eingriff. Die Studie schlug nicht nur in der Ärzteschaft hohe Wellen.

Schulterschmerzen meist auch konservativ behandelbar

Die in Rede stehende Operation wird oft bei chronischen Schmerzen in der Schulter angesetzt, die auf zu wenig Platz zwischen Schulterblatt und Schultergelenk zurückgehen. Minimalinvasiv entfernt der Operateur etwas Gewebe vom Schulterdach, um den Zwischenraum zu vergrößern.

Und nun der Befund der britischen Wissenschaftler: „Die Ergebnisse unserer Studie deuten an, dass Operationen keinen klinisch bedeutenden Vorteil gegenüber dem Verzicht auf eine Behandlung bieten und dass die Schulterblatterweiterung nicht besser ist als ein Placebo-Eingriff“, so Studienautor Andrew Carr.

Dr. Jung ist davon wenig überrascht: „Frühere Studien waren bereits zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, wenn auch die mediale Aufregung im Anschluss nicht so groß war.“ Der Orthopäde hebt hervor, dass konservative Methoden die Schulterschmerzen bei den meisten Patienten wirksam bekämpfen können. Ein operativer Eingriff sei erst dann eine Option, wenn schonendere Behandlungsansätze nicht helfen. Auch Studienautor David Beard empfiehlt die Behandlung mit Steroiden, Physiotherapie oder Schmerzmitteln.